5 Atemübungen für mehr Ruhe und Energie

Frau
Von Barbara Spahni
Nase oder Mund, Brust oder Bauch? Die richtige Atmung und Atemübungen können dir helfen, dich zu beruhigen, Stress abzubauen und Energie zu tanken. Darüber berichtet Barbara Spahni, Komplementärtherapeutin mit Eidgenössischem Diplom, Methode Atemtherapie und Präsidentin des Atemfachverbands Schweiz AFS, in einem Artikel des iMPULS, der Gesundheitsplattform der Migros.

Warum lohnt es sich, bewusst zu atmen?

Die meiste Zeit passiert Atmung automatisch und unbewusst. Dabei können wir die Atmung auch bewusst steuern. Der Körper braucht konstant Sauerstoff, um Energie zu produzieren. Beim Einatmen gelangt Sauerstoff in das Blut und beim Ausatmen wird Kohlendioxid ausgeschieden. Im Alltag atmen wir sehr oft nur oberflächlich. Bewusstes, tiefes Atmen hilft uns, unser Wohlbefinden zu verbessern. Unser Nervensystem hat zwei Hauptsysteme: den Anspannungsnerv (Sympathikus), der bei Stress die Atmung beschleunigt, und den Entspannungsnerv (Parasympathikus), der für Ruhe sorgt und die Atmung verlangsamt. Durch tiefes, ruhiges Atmen aktivieren wir den Entspannungsnerv, senken den Stress und finden innere Ruhe.

Wie atmet man am gesündesten?

«Die Atmung durch die Nase ist gesünder und effizienter», sagt Barbara Spahni, dipl. Atemtherapeutin und Präsidentin des Atemfachverbands Schweiz AFS. «Die Nase ist schliesslich unser Atemorgan und nicht etwa der Mund». Das hat seine Gründe: Bei der Nasenatmung wird die eingeatmete Luft durch die Nasenhaare und die Schleimhäute gereinigt. Verunreinigungen in der Luft gelangen so nicht in die Lunge. Auch wird die Luft erwärmt und befeuchtet und das ist wichtig für eine gesunde Atmung. In den Nasennebenhöhlen wird zudem Stickstoffmonoxid gebildet. Dieses Gas erweitert die Blutgefässe, unterstützt so die Durchblutung und damit die bessere Aufnahme von Sauerstoff in die Lunge und in den Blutkreislauf. Im Gegensatz dazu gelangt die Luft bei der Mundatmung ungefiltert und ohne Erwärmung in die Lunge. 

Warum ist die Bauchatmung besser als die Brustatmung?

Wenn wir auf die Welt kommen, atmen wir von Natur aus in den Bauch. Diese Fähigkeit verlieren wir aber relativ rasch schon im Kindesalter. Dabei ist die Bauchatmung effektiver als die Brustatmung, weil sie tiefer ist. Bei der Bauchatmung nutzen wir das Zwerchfell, unseren Hauptatemmuskel, was den Atem tiefer in die Lungen bringt. Das ermöglicht eine bessere Sauerstoffversorgung des Körpers. Bei der Brustatmung hingegen arbeitet das Zwerchfell kaum, die Atmung bleibt oberflächlicher. 

Warum soll man lange und tief ausatmen?

Die Bauchatmung, bei der die Ausatmung bewusst verlängert wird, fördert eine tiefere Atmung und erhöht die Menge an frischer Luft, die wir einatmen können. Das verbessert die Sauerstoffversorgung des Körpers. Gleichzeitig hilft eine längere Ausatmung, den Körper zu beruhigen und Stress abzubauen. «Man kann sich das wie ein Glas Wasser vorstellen: Ein halbvolles Glas kann nur noch zur Hälfte gefüllt werden. Aber wenn man es leert, kann es wieder ganz neu gefüllt werden», sagt Atemtherapeutin Barbara Spahni: «Genauso ist es beim Atmen: Durch intensives Ausatmen schaffen wir Platz für eine tiefere und frischere Einatmung.»

Was bringen Atempausen?

Wenn wir entspannt atmen, machen wir automatisch kleine Pausen zwischen den Atemzügen. Auch wenn wir diese oft nicht bewusst wahrnehmen, spielen sie eine wichtige Rolle: Die Pausen verbessern die Sauerstoffversorgung des Körpers und ermöglichen einen besseren Abtransport von Abfallprodukten wie Kohlendioxid. Steigt der Kohlendioxidgehalt, wird automatisch der Atemimpuls ausgelöst, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Zudem beruhigt der Atemhalt den Atemrhythmus. Der Atem wird danach tiefer und ruhiger, das fördert den Stressabbau. «Und weil wir nach der Atempause wieder mehr Sauerstoff aufnehmen, gibt uns das auch mehr Energie», sagt die Expertin.

5 Atemübungen zur Entspannung und Beruhigung

Bewusste Bauchatmung

Entspanne den Körper und lege die Handflächen auf deinen Bauch. 

  • Atme durch die Nase tief in den Bauch hinunter ein und nimm bewusst wahr, dass sich die Bauchdecke hebt.
  • Beim Ausatmen entspannt der Bauch vollständig und geht in seine Ausgangsposition zurück.
  • Achte darauf, dass sich der Bauch bewegt und sich nicht die Brust hebt und senkt.

 

Atemtechnik 4711 (oder auch 4610)

Du kannst die Ausatmungszeit auch länger machen als das Einatmen. Diese Atemtechnik heisst 4711 (oder auch 4610).

  • Atme 4 Sekunden durch die Nase ein.
  • 7 Sekunden durch die Nase aus.
  • Wiederhole dies 11 Mal.

 

«Diese Atemübung ist auch gut geeignet, wenn man nicht schlafen kann», weiss die Atemtherapeutin. «Denn wenn man sich aufs Zählen konzentriert, kann man nicht im Gedankenkarussell kreisen.»

Atemübung gegen Stress: Lippenbremse

Bei dieser Atemtechnik liegen die Lippen locker aufeinander, sie sind nicht zusammengepresst. Die Luft kann durch einen Spalt sanft entweichen, ohne dass sich die Wangen zu sehr aufblähen.

  • Atme durch die Nase tief ein.
  • Atme dann durch den geschlossenen Mund lautlos und kontrolliert, so langsam wie möglich aus. Die Luft solltest du nicht herauspressen. Stell dir eine Kerze vor, die du anhauchen, aber nicht ausblasen darfst. Die Ausatmung ist länger als die Einatmung.
  • Warte, bis der Atem wiederkommt.
  • Wiederhole, so oft es dir guttut.
 

Atemübung für mehr Energie: Atempause

Durch den Sauerstoffmangel bei der Atempause reagiert der Körper ähnlich wie bei einem Höhentraining und nimmt Anpassungen vor, um die Versorgung sicherzustellen. Die Anzahl der roten Blutkörperchen im Blut erhöht sich und der Körper beginnt, Sauerstoff besser aufzunehmen und zu verarbeiten.

  • Atme 2 Mal entspannt und ruhig durch die Nase ein und aus.
  • Halte nach dem letzten Atemzug die Nase so lange zu, bis du den Wunsch verspürst, wieder Luft zu holen.
  • Versuche, noch etwas länger durchzuhalten, bevor du wieder einatmest.
  • Atme wieder ein.
  • Atme zwei Atemzüge normal.
  • Halte dann wieder die Luft an.
  • Wiederhole das 5 Mal.
 

Die 4-7-8-Atemtechnik

Auch diese Technik arbeitet mit der Atempause. Der Unterschied ist, dass du die Luft nicht so lange wie möglich anhältst, sondern zählst.

  • Atme tief in den Bauch ein und zähle dabei auf 4.
  • Halte die Luft an und zähle dabei auf 7.
  • Atme aus und zähle dabei auf 8. Warte, bis die Einatmung wiederkommt.
  • Wiederhole, solange es dir guttut.